K-Pop

Die Überschrift ist irreführend. Margaret Sohn alias Miss Grit kommt aus Michigan, Yaeji aus Flushing, NY. Aber beider familiärer Hintergrund ist (teilweise) koreanisch, und Yaeji singt auch, neben Englisch, auf Koreanisch; Miss Grit hat Koreanisch neu gelernt (während der Pandemie).
Am Schluss ihres Sets für KEXP (hier die vollständige Aufnahme samt Interview mit Moderatorin Cheryl Waters, hier die Musik allein) steht ein Cover von, eben, Yaeji, What We Drew. Auch davon gibt es, im Original, zwei Versionen, einmal lang – mit Großvater und Freundinnen -, einmal kurz:

Lichte Musik, ein bisschen fremdartig, aber gut. – Hab dann noch ein bisschen weitergestöbert und fand diese beiden Songs, Waking Up Down, dessen Gesangslinie mich an M.I.A. erinnert, und For Granted, diesen Freitag auch in der Playlist der New York Times verlinkt.

Yaejis erstes Studio-Album With A Hammer, das am 7. April erscheinen wird, „is a diaristic ode to self-exploration; the feeling of confronting one’s own emotions, and the transformation that is possible when we’re brave enough to do so. In this case, Yaeji examines her relationship to anger.”

Das scheint gerade ein Thema zu sein, meine Faust von Sibylla Vričić Hausmann beschäftigt sich damit, und im Heimathafen Neukölln, habe ich gestern im Vorbeigehen gesehen, läuft ein Stück mit dem Titel Furios!, angekündigt als „wütende Show mit fünf Göttinnen, Band und Seminarleiter”.

Für mich steht Wut nicht auf dem Plan. Ich war allerdings als sehr junger Mensch jähzornig, da könnte ich mich fragen, was daraus geworden ist.
(In meiner damaligen Buchhandlung hatte ich das Buch Robbi regt sich auf von Mireille d’Allancé, und natürlich Wo die wilden Kerle wohnen.)

Heute sagte mir eine Freundin, sie habe sich entschlossen, wieder im Flugzeug zu fliegen, nachdem sie ein paar Jahre darauf verzichtet hatte: für die junge Generation. Sie hat aber (sie ist Lehrerin) den Eindruck gewonnen, dass die junge Generation – ausgenommen die Letzte Generation – selber keinesfalls verzichtsbereit ist, was Fliegen und Konsum betrifft, ihr möglicherweise auch Artenvielfalt/Artenschwund egal sind.
Ich kann’s nicht beurteilen.
Ich meinte, das müsse jeder für sich selbst entscheiden; unter Umständen würde ich auch mit dem Flugzeug verreisen (letzte Flugreise: 2016, Rom), aber erst mal nicht.

Nancy Fraser: „Die kapitalistische Gesellschaft ist eine Fressorgie, deren Hauptgericht wir alle sind.”

Morgen gehe ich ins Konzert, und demnächst auch mal wieder ins DaBangg, das vor kurzem wieder aufgemacht hat.

Vierzig Entwürfe

Heute habe ich gesehen, dass die neue Platte von Kimbra, A Reckoning, mittlerweile einen Veröffentlichungstermin hat (27.1.2023), und dass auch das Cover enthüllt wurde, auf dem sie wie die Franz von Stuck’sche Sünde aus der Wäsche schaut. Warum auch nicht. Ob mir die Musik dann am Ende gefällt, ist nicht sicher. Vows, The Golden Echo und Primal Heart haben mir gefallen – A Reckoning … mal sehen. Aber Kimbra als Individualistin, die ihre Musik so macht wie sie es meint, hat so oder so meinen Respekt.
(Der gemeine Hörer wird sie nur als Stimme neben Gotye im Über-Hit Somebody That I Used To Know kennen, der sie seit 2011 verfolgt, wie einst Romy Schneider von ihrer Sissi-Rolle verfolgt wurde, so ungefähr.)

Auf der Arbeit sind gerade wieder einmal die jährlichen performance reviews fällig (self review, manager review, peer reviews).
Please share your accomplishments. What work are you most proud of?
Diese Texte zu schreiben, fünf diesmal, ist kein Vergnügen. Ich habe aber zu einer gelasseneren Haltung gefunden.
Mittwoch muss alles im Kasten sein.

Eine Nachricht, die jüngst die Runde machte, erinnert daran, dass die Erdverwüstung nicht auf Ratschluss der Götter erfolgt, sondern auf Profitinteressen beruht: Sie ist (ursächlich) keine Katastrophe, sondern ein Verbrechen. Es gibt Täter, die namhaft gemacht werden können; vor Gericht bleiben sie straffrei – vorerst.
Das alles ist natürlich nicht neu, und auch ich, der ich mein mit Palmfett gebackenes Plätzchen in den Kaffee soppe, bin schuldig.
Klimawandel. Forscher machen ExxonMobil schwere Vorwürfe (Deutschlandfunk, 12.1.2023)
[Edit. – Weitere Meldungen, um pessimistisch zu bleiben: Deutsche befürworten schnelleren Neubau der Autobahnen (Der Spiegel, 15.1.2023). – Neue Regeln für Parkplatzbau. Parkplätze sollen in Deutschland deutlich größer werden als bisher – so will es das zuständige Fachgremium. Autos würden eben stetig wachsen. (Der Spiegel, 15.1.2023)
Dies steht im Widerspruch zu meiner (positiven) Vision der Mobilität der Zukunft: Abriss aller Autobahnen, Autobahnzubringer, Autobahnbrücken; Renaturierung der Flächen; Abschaffung des Individualverkehrs; regionale Organisation des Arbeits- und Alltagslebens; Umstieg aller Verkehrsteilnehmer auf Eisenbahn, Bus, Fahrrad, Fuß.]

Hier ein weiteres Meisterstück von Miss Grit, bürgerlich Margaret Sohn, aus plural-ihrer schlage ich für den Moment als Übersetzung des englischen their vor Impostor-EP, die vor einem Jahr erschienen ist.

I wish I was blonde
Walking back home I’ll sing along
Tracking their words from all their songs
I don’t hear how I sound wrong

I wish you were calm
You find your voice so fun
Can’t understand no one
When all you can do is talk on

I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say

I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say
I’ve got nothing to say

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Die zwei Strophen, die davon sprechen, dass das lyrische Ich nichts zu sagen habe – kontrastiert von der zunehmend lauter aufspielenden Band – werden im verlangsamten Schlussteil des Songs aufgenommen, aber ohne Worte, mit geschlossenem Mund; die Gesangsstimme ist so stark verfremdet, dass sie nur noch Sound ist. Das ist ein starkes gestalterisches Konzept.

Die nächste Woche wird voll: Buchhandlung, Übersetzer-Stammtisch, Ultraschall Berlin Festival, Arbeiten, Französisch (Skype), und im Kammermusiksaal ist auch was, Mittwoch. Und wollte ich nicht auch meine Kritik weiterschreiben? Wann soll ich das hinkriegen?

Oh, fast hätte ich vergessen, dass ich mich unlängst wie Bolle gefreut habe, als ein selbstgebasteltes Notizbuch der von mir geschätzten Saxophonistin, Komponistin, Dozentin, und was nicht alles, María Grand im Briefkasten lag. Muss ich mich noch bedanken.

mannigfaltig

Habe ich vielleicht erwähnt: Neulich (Dezember) wurde in der Presseschau von rbb24 inforadio das Wort mannigfaltig verwendet, was mich doch sehr gefreut hat. In unserer Epoche, in der Medienleute in Formulierungen wie „Kann Deutschland Zeitenwende?” schwelgen, tut es gut, ab und an mittelalterlich reden zu hören; es kommt kaum vor, das ist wahr, wäre aber jederzeit möglich.

Heute nur ein Musikvideo von Miss Grit, Follow the Cyborg. Für Glamour habe ich durchaus etwas übrig. Es gibt eine kurze Intro (25 Sekunden), dann Schnitt; wummernde, puckernde Party-Ausgeh-Stimmung, kontrastiert von Miss Grits unaufgeregter Stimme. Die fünf Minuten, die das Stück dauert, sind abwechslungsreich gestaltet und nicht zu lang. Prima!

Nachdem ich im vergangenen Jahr die Hälfte meines Milchkonsums durch dieses Ersatzgetränk von Vly ersetzt habe, überlege ich als Neuerung für dieses Jahr, keine Eier mehr zu kaufen. (Auf Honig könnte ich wahrscheinlich gleich mit verzichten, nur noch langsam das vorhandene Glas aufbrauchen. – Gut, um Arabischen Honigkuchen zu backen, würde ich schon noch Honig kaufen.) Werde mal meine veganen Arbeitskolleginnen und -kollegen fragen, was Eier ersetzen kann.