Bildungslücken (Auswahl)

In den letzten Wochen habe ich mich ausführlicher mit den Gedichten Paul Celans beschäftigt – nur mit den Gedichten, nicht mit Sekundärliteratur. Paul Celan gehört ja zu den gemeindebildenden Autoren, als Literaturfreund muss man da eine gewisse Striktheit walten lassen. Bislang kannte ich bloß ein ganz paar Celan-Gedichte, von der Schulzeit her, und aus dem Großen Conradi. Es war an der Zeit, ein breiteres Bild zu gewinnen. Doch muss ich nach dem ersten Lesen feststellen, dass ich kein großes Lektüreerlebnis mit Celan hatte, kaum eines der Gedichte hat mir tieferen Eindruck gemacht.
Damit ist nichts gegen die Gedichte gesagt: seit wann hätte die einmalige Lektüre von Gedichten Aussagekraft? Ich werde also einige Monate oder Jahre verstreichen lassen und dann wieder darauf zurückkommen, vielleicht.
Die Philologie habe erwiesen, welch genauer Zeitungsleser Celan gewesen sei, stand irgendwo zu lesen. Das wird wohl so sein, aber ich kenne nur die Gedichte selbst, und wenn Celan die eine oder andere Tagesaktualität in seine Texte hineingeheimnist hat, so muss ich, dem die Zeitungen der Adenauer-Ära nicht vorliegen, doch gleichgültig gegenüber dieser verschlüsselten Politisierung sein und mit den nackten Worten auskommen, den Zeilenbrüchen und Klängen.
Wahrscheinlich ist mir Celans Dichtung alles in allem zu streng, zu abweisend, auf weite Strecken auch zu konservativ. Am besten gefiel mir Sprachgitter (1959).

Mit der Spaziergeh-Gruppe unserer Firma waren wir nach mindestens fünfzehnmonatiger Pause mal wieder in Berliner Parks unterwegs, diesmal im Tegeler Forst, mit obligatorischem Besuch bei der Dicken Marie, die sich berappelt zu haben scheint, nachdem sie zwischendurch doch recht hinfällig wirkte.

Die Pflicht, von zu Hause aus zu arbeiten, ist aufgehoben worden oder wird bald aufgehoben werden (bis auf weiteres), aber ich werde wohl erst wieder ins Büro fahren, wenn ich vollständig geimpft bin – noch bin ich zwei Spritzen davon entfernt.
Ich bin weiterhin vorsichtig, sehe mittlerweile aber schon wieder mehr Leute. Der intensivste Kontakt besteht vielleicht zu den Eichelhähern und Meisen, die meine Fensterbank anfliegen oder an die Tür zu meinem Arbeitszimmer kommen, wo sie sich ihr Futter abholen, das ich ihnen getreulich ausstreue.
Vor einigen Wochen lag ein toter Eichelhäher vor dem Vogelhäuschen, meine Mitbewohnerin hatte ihn am Morgen verletzt im Wald gesehen, sich zu ihm niedergehockt und ihm freundlich zugeredet. Offenbar wusste er, wo wir wohnen und kämpfte sich noch bis zu unserem Garten, da liegt er nun begraben.

Ich habe Der Sonnenschirm des Terroristen immer noch nicht zu Ende gelesen, und es könnte so aussehen, als gefalle mir der Roman nicht, doch das stimmt nicht, im Gegenteil – ein gutes Buch.
Auch Unser Leben in den Wäldern von Marie Darrieussecq hat mir gefallen. Warum es noch keine Taschenbuchausgabe gibt, ist mir ein Rätsel. (Auch den Krimi gibt es nur als Hardcover.)

Hinsichtlich Musik habe ich nach María Grand keine neuen Entdeckungen gemacht. Die New York Times empfahl in einer ihrer letzten Playlists den Song Solar Power von Lorde. Ich habe ihn mir angehört, und es kam mir vor, als sei er vom ersten bis zum letzten Ton abgekupfert.

Zum Schluss kann ich noch die Fernsehserie Zahra – Wilde Jahre (2017) empfehlen, die es in der ZDF Mediathek gibt, mit Claudia Eisinger in der Hauptrolle.
Wie ich sehe, ist auch Unit 42 wieder online, eine belgische Serie, ebenfalls zu empfehlen.

7 Kommentare zu „Bildungslücken (Auswahl)“

  1. mir geht es, wenn ich celan lese, vielleicht ganz ähnlich, es sind meistens nur kleine stücke aus den gedichten, die mich doch interessieren (und gewisse dinge aus dem meridian). ich habe auch in den dicken, teuren bänden der historisch-kritischen ausgabe gelesen und es waren irgendwie stets die entwürfe, mit denen ich auf anhieb etwas anfangen konnte (die lektüre ist zu lang her, als dass ich den eindruck irgendwie ausführlicher erläutern könnte und es war ebenfalls nur eine allererste schnelle lektüre).

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  2. mir geht es mit celan inzwischen auch so. ich habe ziemlich viele seiner gedichtbände, auch gelesen, doch nachdem ich den briefwechsel zwischen ihm und ingeborg bachmann gelesen habe, konnte ich ihn nicht mehr lesen. beide nicht. und vor einiger zeit las ich ihn doch noch mal und die gedichte haben mir nichts mehr gegeben, ich konnte nichts mehr damit anfangen. aber manchmal verändert tatsächlich die zeit das lesen und lese-erleben. insofern kann es sein, dass ich ihn irgendwann doch wieder mag.
    vor einigen tagen habe ich mir vier gedichtbände gekauft: kate tempest, olaide frank, und noch zwei, die ich schon ins regal gestellt habe nachdem ich sie gelesen hatte. ein kleiner buchladen in meiner nähe hat immer wieder den mut noch nicht so bekannte lyriker/innen auch aufzunehmen ins programm. das finde ich sehr erfreulich.

    die vogelgeschichte ist sehr ergreifend. hat mich richtig traurig gemacht, als ich das gelesen habe.

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  3. Impfungen gibt es im Impfzentrum Falkensee. Eine Freundin wurde dort schon 18 Stunden nach ihrer Anmeldung geimpft. Vielleicht wäre das auch für Dich eine Idee?

    Als Verbenfreundin habe ich mich sehr an „hineingeheimnist“ erfreut.
    Überhaupt lese ich Deine Texte gerne. Sie sind so klar und lebensbejahend, selbst dann wenn ein vertrauter Eichelhäher stirbt.

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    1. Danke, freut mich zu hören!
      Als Brandenburger werde ich mir wohl ein hiesiges Impfzentrum suchen müssen. In Potsdam ist, glaube ich, das nächste. Da viele Leute ihre Impftermine nicht wahrnehmen, stehen die Chancen vielleicht nicht schlecht, dass ich einen freien Platz finde.

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