Das Konzert des österreichischen ensembles für neue musik, das sich – vielleicht in Anlehnung an die Österreichische Bundesbahn (öbb) – oenm nennt, war ganz den Werken von Komponistinnen gewidmet. Es fand am 17. Januar 2020 im Heimathafen Neukölln statt: So heißt seit seiner Neueröffnung kurz nach der Wende der im Jahr 1876 errichtete Saalbau Neukölln. Das Konzert war in den ehemaligen Ballsaal gelegt worden, und Neukölln, übrigens, war 1876 noch eine eigenständige Stadt und hieß auch nicht Neukölln, sondern Rixdorf. Diesen Namen behielt sie bis zum 27. Januar 1912. An jenem Tag feierte Kaiser Wilhelm II seinen 53. Geburtstag, zu welchem Anlass die Umbenennung in Neukölln erfolgte, das 1920 schließlich in Groß-Berlin aufging. (Credits: Wikipedia.) – Ich nehme an, dass auch das speckige Kleinmachnow eines Tages in den Berliner Teig geknetet werden wird, aber noch ist es nicht so weit.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem Stück Kaput II (2017) von Manuela Kerer, über die das Programmheft mitteilt: „Staunt gern und ist ständig auf der Suche nach Überraschungen”. Das etwa sechsminütige Stück für Cembalo, Paetzoldflöte, Harfe, Querflöte und Tape dreht sich um die zeitgemäßen Themen Funktionsuntüchtigkeit und Müll. Die Konzertbesucher nahmen (staunend, überrascht) zur Kenntnis, dass die Instrumente der Musikerinnen christomäßig in Plastik eingewickelt waren (exakte Bedienung unmöglich), Cembalo und Harfe zusätzlich präpariert. Eine muzacartige Tonsequenz kam als Tonkonserve herein: Diese Teile der Komposition hatte Manuela Kerer verworfen, ihr aber, konzeptuell folgerichtig, in Dauerschleife unterlegt – als tönender Abfall. Die Musikerinnen hielten auf der Bühne mit ihrer ‚guten‘ Musik dagegen und rissen irgendwann gleichzeitig die Plastikfolie von ihren Instrumenten und warfen sie heftig zu Boden. Ein erinnyenhafter Moment.
Ob Kaput II ein gutes Stück ist? Wahrscheinlich schon. Ich habe es mit Freude und Interesse angehört.
Hier ein Mitschnitt von der Uraufführung durch das Ensemble airborne extended:
Danach Olga Neuwirths Ensemblestück Marsyas II (2005) für Flöte, Viola, Violoncello und Klavier eine okaye Sache, aber routiniert, letztlich egal. Handwerklich lässt sich gar nichts sagen. – Allerdings, dass sie einen Narren an Opern gefressen hat, macht mir die Komponistin schon länger verdächtig, mein Höreindruck kann dadurch getrübt sein. Diese künstlichen, hochsubventionierten Schlachtrösser des Konzertbetriebs … ich weiß nicht. Gut, auch Lachenmann hat eine Oper geschrieben. 😐 Meiner Meinung nach war Oper allenfalls noch zur Zeit des Hochrads akzeptabel. Wozu der Quatsch heute?