Aber: „Wer glaubt schon daran, dass er dran glauben muss?” (Hans Magnus Enzensberger)
Ich habe oft davon profitiert, dass andere ein Auto hatten und für mich gefahren sind (ich habe keinen Führerschein), und ich werde vereinzelt weiter auf solcherlei Fahrbereitschaft zurückgreifen müssen und wollen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Verbrennungsmotoren out sind: fossile Brennstoffe, so heißt es ja schon.
Um so enttäuschender, dass die Bundesregierung, entgegen anderslautender Beteuerungen (die jungen Leute haben uns aufgerüttelt, etc.), den Schuss nicht gehört hat.
Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen ist zum Beispiel nicht beschlossen worden, als am 20.9. das sogenannte Klimakabinett tagte. Nun tragen die entscheidungsschwachen Entscheider die Zahl der Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren in die Erreichung (angeblich) der Klimaziele investiert werden sollen, stolz vor sich her. Und doch ist allen klar, dass sie damit nur von ihrer Untätigkeit ablenken wollen.
„Sie haben Richtlinienkompetenz, aber Sie mögen keine Richtlinie ausgeben und verleugnen Ihre Kompetenz”, habe ich Frau Merkel geschrieben (ich weiß nicht, ob sie es zu lesen bekommt).
Was kommen muss:
– ein Rückbau (Abriss) von Straßen und deren Renaturierung
– ein Verbot von Protzautos innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings, und generell innerhalb der Innenstädte
– eine kontinuierliche Reduzierung von Parkplätzen
– eine kräftige Verteuerung bestehender Parkplätze
– ein Umbau der autogerechten Stadt in eine fußgängergerechte Stadt (Beispiel: Ampelphasen)
– eine Neuzuteilung des Stadtraums zugunsten der Fußgänger und Fahrradfahrer
– ein CO2-Einstiegspreis je Tonne von mindestens 50,00 Euro ab spätestens 1.1.2020, und Erhöhung auf mindestens 180,00 Euro je Tonne bis 2025 (oder was die Fachleute raten)
– das Ende der industriellen Landwirtschaft
– ein Verbot von Umweltgiften
– eine Abkehr vom Wachstumgsglauben
Die Bundesregierung setzt auf Innovationen, um das Ruder herumzureißen – Innovationen, die vor Jahrzehnten hätten angestoßen werden müssen. Zwar sollen mir technische Entwicklungen zur Beförderung des Umweltschutzes immer willkommen sein (zu nennen wäre beispielsweise die Aachener Pacific Garbage Screening-Forschungsgruppe, die sich für plastikfreie Flüsse einsetzt), aber unumgänglich sind auch Verbote und Beschränkungen (genannt: Ordnungspolitik).
Ich begrüße, dass die Fridays for Future-Streiks bis auf weiteres fortgesetzt werden, und auch die Straßenblockaden der Extinction Rebellion, wie sie in mehreren Ländern wieder für den 7. Oktober geplant sind, finde ich gut und richtig – ebenso, dass die Demonstranten so unkonfrontativ dabei vorgehen (unter Rückgriff auf das Modell der wertschätzenden Kommunikation – was ihnen sogleich Kritik eingebracht hat, siehe hier: „Extinction Rebellion fehlt der Mut”).
Vielleicht erscheinen manchen die Warnungen der Extinction Rebellion als alarmistisch, aber es verschwinden täglich Arten, die Erde wird von verheerenden Bränden heimgesucht und der Ausstoß klimaschädlicher Gase ist höher denn je. Der Notstand ist da. Wird er länger missachtet, wird der Aufstand nicht ausbleiben, mag er auch ’nur‘ als Sit-in, Flashmob oder sonstiger kreativer Protest daherkommen.
Ein älteres Stück/Video (2016) von Cate Le Bon. Sie erscheint hier wie ein versprengtes Mitglied der Pantomimengruppe in Michelangelo Antonionis Blow Up.