Nix för Moder

Gestern ist der Bus die Umleitung gefahren. Die zweisprachige Ansage vom Band – Beginn der Umleitung / Start of diversion, Ende der Umleitung / End of diversion – entfiel diesmal, auch die Umleitung selbst ist ja inzwischen aufgehoben: seit zwei Wochen immerhin. In dem Moment, als der Fahrer die Machnower Straße weiter entlangfuhr statt in die Berlepschstraße einzubiegen und dann beim ersten Halt entnervt zwei Fahrgäste ausstiegen, muss er seinen Irrtum bemerkt haben. Er sagte aber nichts. Er versuchte auch nicht (wozu Gelegenheit gewesen wäre) umzukehren; stattdessen stellte er das Band mit der Haltestellenansage ab und fuhr nonchalant an allen falschen Halten vorbei. Wir waren früh am Ziel.

Demnächst lade ich wieder zum Kaffeetrinken ein. Immer ein guter Anlass, das Zimmer in Ordnung zu bringen – übrigens unnötigerweise, denn wir halten uns nicht hier auf, sondern draußen im Grünen. Aber es schadet auch nicht: Ordnung ist schon in Ordnung.
Gleichwohl kam mir heute ein Satz von Paul Valéry in den Sinn – Michael Rutschky hätte dazu vielleicht „Prunkzitat” (Angeberzitat) gesagt: „Zwei große Gefahren bedrohen unaufhörlich die Welt: die Ordnung und die Unordnung.”
Denkt mal darüber nach!

6 Kommentare zu „Nix för Moder“

  1. habs mal erlebt, dass ein busfahrer falsch abbog, in lochhausen (naja, wirklich) war das, und, seinen irrtum bemerkend, mit unterstützung eines (abzeichen am revers) sehbehinderten, fast ein bisschen zu tatkräftigen fahrgastes umdrehte. was schon ein unterfangen war, da lochhausen grad im arbeit-is-aus-stau steckte und eigentlich nix u niemand sich i-wie bewegen konnte, um diesem gelenkbus platz zum wenden zu machen: sehr viele autos waren in das manöver involviert, es sah phasenweise so aus, als würde der entstehende verkehrs-knoten nimmer sich entwirren lassen, aber es ging dann doch ohn allen schaden alles gut. (der fahrer hätte, um elegant und easy zu wenden, ein stück weiter vorn in eine tankstelle einbiegen und in gegenrichtung wieder raus fahren können. wollte er wohl nicht, brauchte scheints die herausforderung.) (ich war übrigens eines der involvierten autos, direkt am bus, im auge des knotens, sozusagen.)

    was die ordnung angeht und die unordnung: ich bete an und hasse beide, oder so …

    herzlichen gruß von pega!
    (die heut im „freizeitausgleich“ ist und sich gleich dem oben erwähnten schwesternpaar [o & uo] widmet — )

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  2. Das ist eine gute Geschichte! Man liest sie überraschenderweise aus Vogelperspektive (das kommt nicht so häufig vor). – Choreographien im Alltag finde ich immer reizvoll, verstehe aber, dass sie für jemand unmittelbar Beteiligten nervenaufreibend sein können. Aber ist ja gut gegangen!
    Zum Schwesternpaar: Wenn keine – sagen wir mal: auf die Dauer – Überhand gewinnt, ist es gut. Ein glückliches Maß an Chaos hat noch keinem geschadet.
    Herzlichen Gruß zurück!
    Meinolf

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    1. lieber meinolf, ich war ja ende märz/anfang april 12 geballte tage lang backpacking in nordindien unterwegs (in delhi und, dem yamuna-fluss folgend, der so schmutzig und so heilig ist wie der große ganges, in mathura,). das fiel mir zu, bekam den flug geschenkt und bin gereist. habe dort die unglaublichsten, mir unvorstellbar gewesenen alltagschoreographien erlebt, war mittendrin in so verstörenden, unbegreiflich sich aus chaos und geheimer, geheimnisvoll geschmeidiger ordnung gestaltenden zusammenhängen, schier kollabierend, dann doch die balance wieder gewinnend und haltend, hab so mühsames und zugleich zäh vitales leben gesehen und berührt (oder. es berührte mich), dass es mich atemlos machte und sprachlos …
      kurz: choreographien im alltag – das ist ein stichwort, das mir grade gut passt. danke!
      herzlich: pega

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  3. DANKE! – ja, mittenmang war ich und zunächst und in angst, dass der mächtige bus mich kleines auto einfach überrollen, platt machen könnte. bin aber alsbald in sichere höhe geflattert und hab die chose – naja, möcht fast sagen: genossen.

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  4. Liebe Pega, Danke für diesen geballten Bericht, der einem die wuchernde Unordnung, die Du erlebt hast, bedrängend naherückt. Ich werde mich, glaube ich, immer mehr von den ‚leeren‘ Orten angezogen fühlen, sagen wir: von einer Schafweide in Südostengland (wo ich allerdings auch noch nie war, aber sicherlich eher hinkommen werde als zum Yamuna), oder aber versuchen, in den übervollen Orten eine Leere für mich herzustellen, z.B. durch Schweigen, Abstand, In-mir-Sein, Lesen, Dösen.
    Was den hiesigen (Auto)verkehr angeht, so fühle ich mich wie ein Mensch der Zukunft, der befremdet zusieht, dass immer noch so eifernd Auto gefahren wird, dass große Flächen Autos zugewiesen sind (oft gar nicht mobil, sondern geparkt) anstatt Mensch und Natur. Aber das wird kommen, da bin ich zuversichtlich.

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