Ich möchte zur Abwechslung mal was längeres schreiben. Stellt euch vor, ihr bekommt einen Brief von mir. Das ist überraschend, unwahrscheinlich sogar, weil ich keine Briefe schreibe, oder nur vier im Jahr, aber erfreulich, davon gehe ich aus.
Wenn ich mehr als zehn Sätze schreibe, und das kann passieren, könnt ihr euch fragen, ob ich Quasselwasser getrunken habe oder ob es mir noch gut geht oder zu gut. Teilweise kann ich alles verneinen. Lieber wär mir, ihr vergesst zu zählen.
Ich sag Du, wenn’s recht ist. Wir könnten verwandt sein, oder wir kennen uns schon lange, oder vielleicht auch noch nicht so lang, aber sind uns einig, dass sich das Sie unter Umständen kratzig anfühlt, unangemessen kratzig.
Wenn ich ein Sie hinter mich lassen kann – außer im beruflichen Zusammenhang, denn ich sieze die Kundschaft, mit ganz wenigen Ausnahmen – bin ich immer erleichtert. Ich bin nur kein guter Zuerstduzer, das sollen die anderen übernehmen.
Wenn ich ein Sie hinter mich lassen kann?
… mir …?
Aber das ist nicht die Geschichte.
Wenn es überhaupt meine Entscheidung ist, was die Geschichte ist und was nicht, wo das Ganze anfängt und wo es aufhört. Vielleicht sind wir schon mitten drin. Oder die Geschichte folgt erst morgen, und heute geht es erst noch darum, eine Schreibhaltung zu finden.
Mein Stilideal ist, wieder so zu schreiben, wie ich als Kind Briefe geschrieben habe: „Liebe Frau Sieren, wie geht es dir? Mir geht es gut.“ Und dann ellenlang darüber, was die älteren machen, über das Wetter, Süßkirschen, Pampasgras, Ferien auf Ameland, den lockeren Zahn und so weiter, so als würde Frau Sieren das alles interessieren und als würde sie sich bestimmt darüber freuen, es zu erfahren. Alles recht flott, oft auf billigem Papier – Computerendlospapier bekamen wir von den Freunden meiner Eltern, die im Nachbarstädtchen eine Computerfirma hatten – und bei Fehlern einfach durchstreichen und danebenschreiben, als wär nichts gewesen. […]
Ich hatte die Nummer 149. Ich stellte mich in ein rot markiertes Feld. Auf dem ersten Foto sollte die Nummer mit drauf sein. Der Fotograf, sportlich in Sneakern, sagte: „Kinn etwas hoch.”
Für das zweite Bild sollte ich lächeln. Etwas lächeln ist wie etwas sagen, nur ohne Worte. Ich verzog ein bisschen den Mund, das schien zu reichen.
Für das dritte Bild stellte ich die Beine versetzt und steckte eine Hand in die Hosentasche.
Mehr Bilder gab es nicht, sehr effizient. Jetzt hat die Agentur aktuelle Fotos von mir.
Meine Komparsenkarriere hat noch nicht richtig Fahrt aufgenommen, aber letztes Jahr habe ich einen Wutbürger gespielt und „PO LI ZEI – SCHLAM PEREI” gebrüllt, und Oliver Masucci fuhr langsam durch die Menge der Demonstranten und sein Blick spiegelte den Ernst der Lage. Das wurde ein paar Mal wiederholt.
Als mein Neffe hörte, dass ich in „Dark” mitgespielt habe, sagte er: „Wie geil ist das denn?!”
Meinem Bruder war das peinlich.
Ich kann übrigens gar nicht brüllen. Selbst laut sein fällt mir schwer.
Ameland – oh Ameland ist so schön! Und einen Stapel Computerendlospapier geschenkt zu bekommen, das war auch immer was Tolles, ja.
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Ich war lange nicht dort, zuletzt 1979 oder 1980, wenn ich mich nicht irre. Supertramp und Kiss waren in der Hitparade.
Nes op Ameland – viel mehr habe ich von der Insel nicht gesehen … Aber ja, ich stimme Dir zu: Ameland ist schön! Überhaupt, die Inseln, auf denen ich zu Gast war, haben mir immer gut getan: Ameland, Ré, Vancouver, Sardinien und Moabit.
Davon abgesehen bin ich froh, dass Du – wenigstens auf Kommentarlänge – aus Deiner Verkrümelung hervorgekommen bist!
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Klappern gehört zum Handwerk, findet Räuber
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hm, auf ameland war ich nie, aber einmal auf der hallig hooge (schreibt die sich mit doppel-oo?) fünfmal oder öfter auf texel (war gut, sehr gut!); hätte gern viel mehr schreibhaltung als ich hab (und auch viel öfter), naja, und wenn ich so eine komparsenkarte hätt und wählen könnt: wär ganz gern mal in einem tatort die leiche …
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Hooge, sagt mir mein dtv Lexikon. Dritti hätte es auch gewusst, stimmt’s? (100 Ew., 1997.)
Bestimmt gibt es in jedem Bundesland Komparsenagenturen, also worauf warten!
Tatort hab ich jetzt schon länger nicht mehr geguckt, aber morgen gibt’s eine Folge mit Axel Milberg und Christiane Paul, die sehe ich mir dann doch mal an auf meinem Compi.
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ja, in der tat hab ich immer mal wieder drüber nachgedacht, mich so komparsenmäßig umzutun: eine art von neugierigkeit (sic) … doch hindert vernunft mich, einen weiteren bahnhof aufzumachen „wie soll das gehen“, sagt sie, „du kriegst ja jetzt schon kaum mehr luft in deinem zeitkorsett. also schnür dich nicht noch enger.“ ich muss also warten mit der komparserei, bis mehr luft ist, mehr zeit, raum …
(hast du den tatort also geschaut?)
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Ich hatte einmal das Vergnügen, eine Szene mit Kate Blanchett zu spielen. Ich lief eine Straße im Hamburger Rotlichtviertel hinab, die Filmdiva fuhr im Taxi vorbei und betrat hastig ein Etablissement. Das wurde dann noch einmal wiederholt, dann fuhr die Blanchett wieder im Wagen vorbei, diesmal zum Hotel. Das war für einen Thriller mit Eric Bana. Kein besonders herausragender Film. Meine Szene würde überdies herausgeschnitten, aber über das Catering kann ich mich auch heute nicht beschweren.
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@pega Wenn ich heute eine Anfrage bekäme (und dann anschließend auch eine Bestätigung), wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Drehtermin sich mit der Arbeit überschneidet. Dann würde ich um einen Tag Urlaub fragen. So geht es [NB. – allerdings nur, wenn man, wie ich, ersetzlich ist].
„Borowski und das Land zwischen den Meeren” habe ich angefangen zu gucken, aber nach einer Dreiviertelstunde hat sich mein Computer gesperrt, die Bilder weiter abzuspulen. Bis dahin fand ich den Film sehenswert, aber eine Freundin, die ihn ganz gesehen hat, meinte, er würde sich nicht lohnen. Ich werde Sonntag noch einmal einen Versuch wagen, vielleicht läuft er dann durch.
@grobozentriker Lieber Grobo, alter Spötter. Cate schreibt sich Mrs. Blanchett, so viel Respekt muss sein. Aber Dein Kommentar … irgendwas stimmt da nicht. Das ist doch alles geflunkert!
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Nein, ist wahr. Ich bin mit der Zeugin verheiratet. Der Film hieß „Barbara“, glaube ich. Extra wegen meiner Extra-Einlage hab ich ihn im Kino gesehen.
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Sorry, Quatsch, einmal noch, dann geb ich Ruhe: Der Film heißt „Wer ist Hanna?“, was sich immerhin reimt auf: „Bana“. Und was die Schreibweise von Schauspieler-Namen angeht: Cate Blanchette hat Bob Dylan gespielt und Eric Banner den Hulk.
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Gut, das wäre dann geklärt. Ich werde nicht kontrollieren, ob die Angaben stimmen. Es ist aber wahr, dass Cate Blanchett Dylan gespielt hat. – Wo wohl mein Hulk-T-Shirt hingekommen ist?
Du musst gar nicht Ruhe geben, habe ich etwa streng geguckt?
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Du Wahnsinniger hast Dich mit Google angelegt!
Mit Google!
Ich denke, es ist nur vernünftig, sich hier kurz zu fassen.
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