open mike im Heimathafen und weiteres

Yvette hatte auf dem Frisiertisch eine Illustrierte liegen, im blauen Umschlag des Leserings. Dieser zitierte ein weises Wort des Buddha: „Wenn du ein Problem hast, versuche es zu lösen. Wenn du es nicht lösen kannst, mache kein Problem daraus.”
Das ‚Berliner Fenster‘ (U-Bahn-Diaschau der Berliner Verkehrsbetriebe) hielt dies Zitat parat: „Manche Menschen wollen Butter aufs Glück.” (Thomas Hardy).
Ich bin für sone Sätze immer zu haben, les auch die roten Ohrzettel der Yogi-Tee-Beutel.

Ich habe mir Mutmassungen über Jakob gekauft, nehme ich vielleicht mit zum Niederrhein, überübermorgen. Ein anderes Buch, auch für die Ferien, heute noch bestellt: Sitt Marie-Rose von Etel Adnan.

Am Wochenende war ich beim open mike. Ich höre da immer ganz gern zu. Die Herden der Hildesheimer und Leipziger, die das Publikum bestimmen, stören mich kaum. Freundliches möchte ich aber auch nicht sagen. Ich finde Einzelleute sympathisch, wenn, und nicht Mengeleute. Vier Lesungen (von zwanzig) habe ich verpasst (Armin Wühle, Lukas Diestel, André Patten, Sarah Wipauer). Die Preisvergaben gehen wahrscheinlich in Ordnung, auch wenn ich selbst keinem der drei Ausgezeichneten einen Preis gegeben hätte. Die Gedichte von Ronya Othmann schienen mir zu nah am eigenen Erleben, noch zu unausgegoren alles in allem. Mich haben die Gedichte von Tobias Pagel mehr überzeugt („unter meinem Schritt / knirscht der Schnee schon / mit den Zähnen”). Den Prosatext von Ralph Tarayil fand ich interessant, aber jetzt auch nicht so super klasse. Außerdem gab es gewisse Krudheiten, die mir nicht gefielen. Wenn die Literatur grell wird, stimmt schon was nicht. Mariusz Hoffmann bekam für seinen Romanauszug „Dorfköter” auch einen Preis (und wurde von der Hildesheimer fan base abgefeiert). Ich kann nicht sagen, dass er einen schlechten Text abgeliefert hätte, aber mir war die Geschichte ein bisschen zu clever, ein bisschen zu glatt. Samuel Hamen auf Zeit online hat schon Recht, wenn er schreibt, hier werde auch eine Nachfrage bedient, auf die aktuelle Konjunktur bestimmter Themen (Migration, Grenzen) reagiert. Ich fand, das Ganze hatte was von Posertum – auch wenn mir Hoffmanns Buddies jetzt wieder aufs Dach steigen, weil sie nicht ertragen können, wenn jemand nicht in ihr siegestrunkenes Johlen und Juchzen einstimmen mag. Gefreut habe ich mich aber mit Baba Lussi, die einen von zwei formal aus dem Rahmen fallenden Wettbewerbstexten vorgetragen hat (der andere stammte von Magdalena Sporkmann) und dafür den taz-Publikumspreis erhielt. Sie kommt übrigens von einer der berüchtigten Schreibschulen (Biel). Was soll’s. Wer gut ist, wird auch nicht verdorben, und Baba Lussi, glaube ich, ist gut. (Allerdings wird sie in diesem Stil – rhythmisierte Prosa – nicht weiterschreiben können, sondern sich für ihre nächste Sache etwas Neues ausdenken müssen.)

Muss in der Mediathek von Deutschlandfunk Kultur ein Politisches Feuilleton von Bodo Morshäuser nachhören, von dem ich heute oder gestern nur ein Fitzelchen mitgekriegt habe. Es ging um die sogenannten Steueroasen, und dass es nicht angehen kann, sie so lieblich zu benennen. Morshäuser schlug „Steuerverstecke” vor, ein Wort, das den Sachverhalt bloßstellt statt ihn zu verhüllen. Recht hat er.

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