L. J. A.

Lloyd James Austin
Lloyd James Austin
Okay, man kann natürlich Lloyd James Austin heißen, seine Wiege in Australien stehen haben (geboren am 4. November 1915 in Melbourne) und ein großer Mallarméforscher sein. Gewesen sein, für die Genauen, denn Lloyd James Austin ist längst gestorben.
„Am 30. Dezember 1994 schloss der Tod seine Knochenhand über dem [sic] gelehrten Herrn, in Cambridge, passenderweise, der alten Universitätsstadt.” (Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Lloyd_James_Austin, zuletzt abgerufen am 25.8.2016).
Ich schreibe dies alles natürlich haarklein aus einer Onlineenzyklopädie ab, sowas denkt man sich ja nicht aus. Ich frage mich nur, ob nach „Knochenhand” nicht der Akkusativ stehen müsste? Wirklich nur als Frage, ich bin mir da nicht sicher. Gut, das lässt sich jetzt, kurz nach Mitternacht, nicht so leicht klären. Ich hab also vorsichtshalber ein [sic] eingefügt, als Reminder für mich, dass diese Formulierung irgendwie schief klingt … [sic] allerdings und nicht [sic!], wie leidenschaftlichere Vertreter der Philologie und Biographik geifernd schreiben würden, denn, unter uns, grammatische Schnitzer sind doch im Grunde ganz unwichtig.

„Man wird mit Mallarmé nie fertig”, notierte L. J. A. zum Schluss seiner Einführung in der von ihm edierten Ausgabe der Gedichte Mallarmés (Flammarion, Paris 1998). „On n’en a jamais fini avec Mallarmé.”
Das, geschrieben von einem Vierundsiebzigjährigen, der sich seit seiner Jugend mit Mallarmé beschäftigt hat, ist ein super Satz, weil er ausdrückt, warum sich jemand von einem Forschungsgegenstand angezogen fühlen kann: Das Damit-nicht-fertig-Werden macht den Reiz aus. Es gibt Zwischenergebnisse, klar, und nicht mal von Pappe:

  • L’univers poétique de Baudelaire. Symbolisme et symbolique, Paris 1956
  • (Hrsg. mit Henri Mondor) Correspondance de Mallarmé, 11 Bde., Paris 1959–1985
  • (Hrsg. mit Garnet Rees und Eugène Vinaver) Studies in modern French literature presented to P. Mansell Jones by pupils, colleagues and friends, Manchester 1961
  • (Hrsg. mit Henri Mondor) Les «Gossips» de Mallarmé. «Athenaeum» 1875–1876, Paris 1962
  • Poetic principles and practice. Occasional papers on Baudelaire, Mallarmé and Valéry, Cambridge 1987
  • (Hrsg.) Poésies de Stéphane Mallarmé, Paris 1989
  • Essais sur Mallarmé, hrsg. von Malcolm Bowie, Manchester 1995

(Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Lloyd_James_Austin, zuletzt abgerufen am 25.8.2016)

– aber es bleibt zuverlässig etwas Unlösbares, Ungreifbares, da kann eine Sache noch so sehr eine Lebensaufgabe sein, das Leben reicht nicht aus, um sie abzuschließen. Damit wird das, na ja, Steckenpferd aber auch zum Symbol (dies ist, wie ich kaum zu sagen brauche, ein essentielles Wörtchen für Mallarmé, den Erzvertreter der Symbolisten) für das Leben selbst, das sich katzenhaft, oder eselig, sträubt, trotz pfleglichster Behandlung und angelegentlicher Zuwendung, ausreichend Schlaf, ausgewogener Ernährung usw.
NB. Ich schreibe „usw.”, wohl wissend, dass Mallarmé schon die Abkürzung „etc.” nicht leiden konnte. Was will man machen.

2 Kommentare zu „L. J. A.“

  1. Auf ‚wo?‘ folgt der Dativ, bei Bewegung der Akkusativ. Ich geh‘ davon aus, dass der Tod seine Knochenhand dorthin bewegt und wäre deswegen auch für den Akkusativ.
    ’sic‘ ist so ein Spaß, wo man sich von innen (der Text) nach außen (die Perzeption) bewegt, was einen Kitzel verursacht. Es ist auch ein bisschen wie Verkleiden: man wirft sich in eine latein-getränkte Gelehrtenpose.
    Nicht fertig werden ist ein Ausdruck von Lebendigkeit. Der Widerhaken steckt darin – oder der Stachel.
    Was am ‚etc.‘ störte Mallarmé – war es das Abkürzen des Worts oder das Abkürzen der Aufzählung?
    Hab‘ jetzt zwar noch nicht Mallarmé gelesen, fand diesen Exkurs aber anregend. Merci.

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  2. Hm, Danke, aber der Akkusativ kommt mir auch spanisch vor. Die Wikipedia zieht sich aus der Affäre, indem sie nicht nur nichts über Austins Jahre zwischen 1980 und 1994 verlauten lässt, sondern dann auch nur spröde mitteilt: „† 30. Dezember 1994 in Cambridge”, ohne den Knochenmann mit damit verbundenem Dativ/Akkusativ-Problem überhaupt zu bemühen, wie ich es mit spontanem Sinn für Dramatik getan habe (weil ich mich nämlich verpflichtet fühle, die Handvoll Leser*innen meines Blogs gut zu unterhalten).
    Was das „etc.” betrifft, so kann ich im Moment nichts Klärendes dazu beitragen. Herr Paul Valéry hat diese Mallarmé’sche Überempfindlichkeit ausgeplaudert, aber ich weiß nicht mehr, in welchem BS-Band ich das gelesen habe.
    Hier eines der Gedichte – auf Englisch: „The Tomb of Edgar Allen Poe” (http://www.scottishpoetrylibrary.org.uk/poetry/poems/tomb-edgar-allan-poe). Es erschien zuerst im Dezember 1876 im Poe gewidmeten Memorial Volume (in Baltimore). Es gibt eine Übersetzung auch von Mallarmé selbst, die ich aber nicht im Internet gefunden habe.

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