Fünf Verse Bonnefoy

L’herbe et dans l’herbe l’eau qui brille, comme un fleuve.
Tout est toujours à remailler du monde.
Le paradis est épars, je le sais,
C’est la tâche terrestre d’en reconnaître
Les fleurs disséminées dans l’herbe pauvre[,]
[…]

Das Gras, und im Gras – glänzend – das Wasser, wie ein Fluss.
Auszubessern gibt es immer die ganze Welt.
Das Paradies ist zerstreut, ich weiß,
Es ist, wie ackern, Arbeit, seine vereinzelten
Blumen zu erkennen im armen Gras[,]
[…]

Das Gras und im Gras das Wasser, schimmernd wie ein Fluß.
Alles ist immer zu flicken in der Welt.
Das Paradies ist über die Erde hin verstreut,
ich weiß, und seine Blumen zu erkennen da und dort
im kargen Gras, ist uns aufgetragen;
[…]

Nach der Originalfassung zunächst meine Übersetzung, dann die Übersetzung von Friedhelm Kemp.

6 Kommentare zu „Fünf Verse Bonnefoy“

  1. Interessant, diese Unterschiede in Klang und Form. Das macht auch einen besonderen Reiz am Übersetzen an sich aus, würde ich vermuten? (Wieder im Lande, lieber M.?)

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    1. Ja, das ist ein besonderer Reiz daran, das stimmt. – Ich zweifel aber jetzt, ob das Verb „ackern“ nicht ein unpassendes Sprachregister ist …
      Ich war wieder im Lande, aber heute gruesse ich Dich aus Rom. (Mein letzter Besuch hier liegt zehn Jahre zurueck, es war also hoechste Zeit, daran wieder anzuknuepfen.)

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  2. Mein Französisch reicht gerade hin, mich von Elsässischen Wirten verhöhnen zu lassen, aber „Alles ist immer zu flicken in der Welt” erscheint mir eine schwer zu schlagende Zeile zu sein. Der Vorteil am Übersetzen ist natürlich, dass in dieser Aufhängung zwischen vier Sprachen die Sprache zu zucken beginnt, und dann, Plopp!, lebt sie. (War es nicht Deleuze, der sagte, jeder Schriftsteller schreibe in einer Fremdsprache? Klar war er es; und natürlich ist ein Übersetzer auch ein Schriftsteller.)

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    1. Nach kurzem Schlaf von Mitternacht bis 3 Uhr, habe ich einen Tag gebraucht, um zu verstehen, warum Du von vier Sprachen schreibst. Aber Du erklärst es ja. – Statt von Fremd- würde ich aber von Individualsprachen sprechen (sprichen sprochen spruchen).
      (Entschuldige meinen albernen Übermut, der aber wohlüberlegt ist. Die für mein Ohr betrübliche klangliche Qualität der Formulierung „von Sprachen sprechen” ermunterte mich dazu: Herunterspielen durch Übertreiben ist auch eine Methode.)
      Die Strecke zwischen dem Französischen und dem Deutschen ist weit. Beider Zugriff auf den wahnsinnigen Weltteig scheint mir grundverschieden und nicht für spontane Freundschaft geschaffen. Damit der übersetzte Text in der Zielsprache (Deutsch in diesem Fall) auch wirklich klingt, sollte er – kein schöner Ausdruck, aber sachlich richtig – eingedeutscht sein, auf Grundlage der Sachinformationen (Wortinhalte) des Ursprungstextes, klaro.

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  3. „C’est la tâche terrestre […]”. Der ’natürliche‘ französische Versbau ließe sich im Prinzip im Deutschen übernehmen: „Es ist die irdische Aufgabe {oder: Arbeit} […]”. Dabei geht aber das Erdige verloren, das in „terrestre” mitklingt.
    Bei der Alliteration „tâche terrestre” habe ich durchaus das Bild des Ackerbauern vor Augen, der mit zwei aufeinanderfolgenden Schlägen seine Hacke in den Boden haut … Seit ihrer Vertreibung aus dem Paradies müssen die Menschen eben schwer arbeiten, um satt zu werden, da passt „ackern” doch ganz gut – auch wenn es sich andererseits deutlich von „tâche” wegbewegt, dieses also ziemlich frei übersetzt … Ach nee, darauf bezieht es sich ja gar nicht, sondern eben auf „terrestre”!
    Ein „uns” einzuschmuggeln, ist allerdings in mindestens so hohem Maße eine (nach)dichterische Freiheit wie ein Adjektiv mit einem Verb zu übersetzen.
    PS. „Je veux bien qu’on sache que le peu que j’ai appris jusqu’ici n’est presque rien à comparaison de ce que j’ignore et que je ne désespère pas de pouvoir apprendre.” (Descartes)
    „Ich möchte darauf hinweisen, dass das Wenige, das ich bis jetzt weiß, fast nichts ist, verglichen mit dem, was ich noch nicht weiß. Ich werde deswegen nicht verzweifeln, denn ich lerne weiter dazu.” (Ü: M. v. Spr.)

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