„Guck mal, der hat dieselben Haare wie du! … Die weißen!”
So sprach mein gehbehinderter Treppennachbar zu seinem niedrigen moppigen schwarzweißen Hundchen, als ich von oben kommend an ihnen vorbeiging, indes sich seine Frau von unten heraufschleppte. Der Hund wuschte wild herum.
Wie fein die Sprache doch unterscheidet zwischen „dieselben” und „die gleichen”!
Nicht direkt dazu passend folgendes Zitat aus Die Kapuzinergruft:
„Er hatte einen eisgrauen wilden Bart. Er sah aus wie der Winter, dargestellt in primitiven Märchenbüchern.”
Im Schlusskapitel des Romans kommt (auch) ein Hund vor. Der Baron von Trotta, der letzte Gast, ruft nach dem Ober.
„Aber nicht der Ober Franz kam, sondern der Wachhund, der ebenfalls ‚Franz’ hieß. […] ‚Franz, zahlen!’ sagte ich zum Hund, und er stieg auf meinen Schoß. Ich nahm ein Stückchen Zucker und reichte es ihm. Er nahm es nicht. Er winselte nur.”
Der Baron von Trotta, der später mit dem alten Hund durch die leeren nächtlichen Straßen Wiens gehen wird, sagt:
„Ich liebe Tiere nicht und noch weniger jene Menschen, die Tiere lieben. Es schien mir mein Lebtag, daß die Menschen, die Tiere lieben, einen Teil der Liebe den Menschen entziehen […].”
Ich weiß nicht, ob sich in dieser Figurenrede die Meinung Joseph Roths kundtut? Ich glaube jedenfalls nicht, dass die These zutrifft. Liebe ist doch immer etwas Ganzes.
Solange die Liebe nicht so weit geht, dass aus lauter Innigkeit selbst das Haar bzw. Fell miteinander geteilt wird …
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Na ja, Tierliebe und Tierverrücktheit würde ich schon unterscheiden (wie Du ja wohl auch). Aber jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Eine Freundin von mir lässt ihre beiden Hunde und ihre Katze mit aufs Bett. Ich würde es nicht so machen, aber ich finde auch nichts dabei. Wenn sie will, ja mei. – Was mir auf die Nerven geht: unablässig den eigenen Hund (oder sich selbst) fotografieren und die Fotos ins Internet setzen. Dat moet niet.
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„Wie fein die Sprache doch unterscheidet zwischen ‚dieselben’ und ‚die gleichen’!” Ha, ha, ha – fabelhaft! Hatte ich erst gar nicht gemerkt. Aber Du magst ja Hunde, eh? Und mit der tiergeteilten Liebe finde ich – besonders, wo ich mir gerade wieder James Harriot zu Gemüte führe –, dass das der Menschenliebe keinen Abbruch tun muss. Da liegen, wenn schon, andere Gründe vor.
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Ja, ich mag Hunde, stimmt, ich begrüße sie immer. Hat mich auch sehr gefreut, bei meinem letzten Besuch in K., nicht nur Freunde und Familie wiederzusehen, sondern auch Eddie, Flint, Charlie und Paul (sowie eine Katze namens Socke). Paul, das Kalb, hat als einziger so getan, als sei ich ihm neu, das passt zu seinem rabaukigen schnoddrigen Wesen. Im übrigen teile ich Deine Ansicht. Seltsam, wenn jemand gar keinen Draht zu Tieren hat (wie z. B. meine Mitbewohnerin). Ich habe eine (tendenziell mindestens) animistische Weltsicht. Auch dem Erdbeerpflänzchen auf dem Fensterbrett soll es an nichts fehlen.
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Zum Weiterlesen: Christina Hucklenbroich, „Der Hund: Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft” (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.3.2015)
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