Kunst braucht mehr Zähne (Mäzene)

„Sehr geehrter Herr ***,
Ihre Nachricht haben wir erhalten.
Zum Status Ihrer aktuellen Mitgliedschaft können wir Ihnen leider nichts sagen. Die Mitgliedschaft bei der *** endete zum [Datum von vor zwei Jahren]. Weitere Daten zu Ihren Beschäftigungen liegen uns nicht vor.”

A. lieh mir ihr Fahrrad, nannte mir die Zahlenkombination des Ringschlosses und warnte mich, dass die Vorderbremse kaputt sei und die Rücktrittbremse verzögert funktioniere. An der B9 musste ich an einer murksig geschalteten Ampel halten.
Ich sagte der Frau hinter dem Empfang Bescheid. Sie nickte, und als ich im Warteeck Platz genommen hatte, stand sie auf und verschwand hinter einer Milchglastür.
Im Behandlungszimmer hingen Kinderzeichnungen. Dieser Schmuck gefiel mir besser als der Wilhelm Busch-Bilderbogen im Wartezimmer von Zahnarzt Sasse, früher.
Dr. B. redete mir ins Gewissen, guckte mir in den Mund und kündigte an: „Ich tu Dir ein bisschen Plastik drauf”, und tat’s. Er redete mir wieder ins Gewissen, ich konnte den Mund wieder zumachen, eine Stunde nichts essen, empfahl er und sagte: „Es war mir eine Freude.” „Ich geb‘ der Frau an der Rezeption meine Adresse”, verabschiedete ich mich. Er schüttelte den Kopf, sagte nur noch einmal: „Es war mir eine Freude”, und damit entließ er mich.

2 Kommentare zu „Kunst braucht mehr Zähne (Mäzene)“

  1. Lieber Moritz,

    der Zahnarzt als guter Mensch? Es ist wie bei Dr. Benn, der auch die Damen mit dem Schanker (ich hoffe, ich schreibe das richtig) oft umsonst kurierte. Und ihnen noch Kohle für Kohlen mitgab.
    Ohne solche Leute wäre die Welt noch unerträglicher, als sie es dank Madonna und Lady Gaga ohnehin schon ist.
    (Beachte bitte, wie geseufzt meine Kulturverdrossenheit daherkommt! Als hätte ich zu viel bei Gregor Keuschnig in den Kommentarspalten gelesen.)
    Ich bin übrigens nicht der Ansicht, dass Kunst Mäzene brauche. Mir scheint, Zähne täten ihr wohler.
    Aber natürlich, ich bin ja auch ein Lebkuchen!

    Dein Max

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  2. Kultur macht mich nie verdrossen, Bob. Was mich verdrießlich stimmt, das ist das unaufhörliche Kulturgequatsche. Überhaupt nervt mich alles, was unaufhörlich ist. Ich bin für das Lückenhafte, Abbrechende, unfertig Gelassene, für das Leere, für die Pause.
    Eine Welt, in der alles markiert ist, ist der Horror.

    Wie die Kunst- und Literaturlandschaft ohne (großes) Geld aussehen würde – das wäre interessant zu erfahren. Sicher hätte es den Vorteil, dass niemand aus einer falschen Motivation heraus schreiben (malen etc.) würde.
    Ich habe durchaus – auch? wie Du? – den Eindruck, dass aufgrund der vielfältigen Förderungen die Entstehung von einer Art Kunstpapp begünstigt wird.
    Aber dennoch ist Geld wichtig, wenn alle an Geld glauben.

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