Tacet

Betz, StilleIch hatte in der U-Bahn in Marianne Betz‘ Vortrag Stille – hörbares und sichtbares Moment in der Musik gelesen. Darin ist auch von Alphonse Allais die Rede, der 1883 (neben anderem) einen „Trauermarsch für das Begräbnis eines großen, tauben Mannes” [Marche funèbre. Composé pour les funerailles d’un grand homme sourd] ausgestellt hatte: 24 leere Takte, „ohne jegliche Information, nicht einmal zum Zählen”.

Eine Übertragung dieser Idee fand ich, kaum hatte ich mein Fahrtziel erreicht, auf dem Mariendorfer Damm. An einem Lichtmast war ungefähr auf halber Höhe ein Rahmen angeschraubt. Eine Strebe schnitt das leere Geviert in zwei verschieden große Flächen, deren größere vielleicht ein Werbeplakat und deren schmalere eine Telefonnummer präsentieren konnte. Sie gaben den Blick frei auf den Ausschnitt einer Häuserfront, auf ein vogeldurchflitztes Stück Himmel … Sie konturierten auch, und das war doch erstaunlich, die Straßengeräusche, in deren geordnetem Strudel sich meine Vorstellungen von Harmonie und Krach verwirrten.

So ist es selten.

Den Stadtlärm zu ertragen, braucht es Nerven wie Drahtseile.

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